Alle reden vom Abnehmen. Ich will zunehmen! Untergewicht Erfahrungsbericht

Wenn das Wort „Gewichtsprobleme“ aufkommt, denken die allermeisten wohl an Übergewicht. Im Internet gibt darüber unzählige Diskussionforen, Tipps für Diäten und allerlei seriöse „So nehmen Sie 50.000 Kilo in einer Woche ab“-Werbeanzeigen. Doch Gewichtsprobleme kann auch Untergewicht bedeuten. Und genau das ist bei mir der Fall.

So, ich oute mich mal als chronisch untergewichtig. Ich bin 24 Jahre alt, 173cm und wiege ca. 50 Kilo. Seit ich 5 Jahre alt bin habe ich einen Bodymassindex (BMI) von „Scheintod“. Ich meine es waren immer so um die 16. Wer schon als Kind überaus dünn ist, darf sich über eine erlebnisreiche Schulzeit freuen. Mit richtig coolen Sprüchen, die einen an den Kopf geworfen werden: „Der Wind weht, pass bloß auf, dass Du nicht wegfliegst!“ das sind noch die netten Sprüche. Und wer kein großes Selbstwergefühl besitzt, der kann schnell in Selbsthass gegen sich und seinen Körper verfallen. Genauso war es bei mir auch. Und eins mal mitten drin gesagt: Ich bin heute immer noch dünn. Das sage ich nur, falls einige denken, ich würde gleich das super tolle Produkt präsentieren, das mein Leben ja sooo geändert hat.

Mein halben Leben wollte ich gegen mein Untergewicht ankämpfen. Und was macht man gegen Untergewicht? Jetzt kommen viele bestimmt mit dem kleinen Gewichtseinmaleins. Übergewicht = weniger und weniger fettig essen, also Untergewicht = viel und fettig essen. Tja, wenn das so einfach wäre. Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, habe ich gefressen wie ein… naja halt sehr viel. Sport habe ich damals auch sehr viel getrieben: Fußball, Eishockey, Formel 1 – natürlich alles rein virtuell am PC. Sprich ich habe gar kein Sport getrieben, bis auf dem Schulsport und etwas Fahrrad fahren. Meine Ernährung bestand zeitweise vor allem aus Chips und Keksen. Meint ihr ich habe auch nur ein Gramm zugenommen? Nein!

Doch diese „Du musst einfach nur mehr essen“-Logik wird nicht nur vom allgemeinen Pöbel vertreten, nein auch die akademischen Kreise denken offenbar genauso. Ich erinnere mich da an einen Arztbesuch als ich 18 war. Eigentlich war ich nicht wegen meines Untergewichtes beim Arzt. Vielmehr meinte er gleich zu mir, dass ich magersüchtig sei.

Ich: Äh… was?

Doktor Megaschlau: Ja, Sie sind magersüchtig! Sie wiegen doch kaum 50 Kilo.

Ich: Ja, das ist halt mein Stoffwechsel.

Doktor Megaschlau: Das ist Quatsch! Sie müssen mehr essen!

Ich: Ähm… also eigentlich bin ich den ganzen Tag am Essen… (ich dachte dabei an die 300g Schmalzkuchen, die kurz vorher verdrückt hatte.

Doktor Megaschlau: DAS ist nicht möglich. Wer viel isst, kann schlecht untergewichtig sein. (An dieser Stelle folgte jetzt ein 5 Minuten Monolog mit allerlei Fachwörtern und dem erneuten Ergebnis, dass ich hochgradig magersüchtig sei)

Damit der nervige Typ seine Klappe hält, stimme ich also brav zu.  Ja, ich bin ganz schlimm Magersüchtig und ja, ich habe ganz große Essprobleme. Währendessen überlegte ich, ob ich zum Mittag die 4-Käse Pizza oder Spinat Pizza essen sollte. Oder vielleicht doch lieber Lagsagne? Und wo zum Teufel könnte ich jetzt eine Sahnetorte aufreiben!

Tja, mehr fällt den Leuten zum Thema Untergewicht nicht ein: Mehr essen! Toller Rat, versuche ich seit fast 25 Jahren. Heute könnte ich mein Untergewicht noch verstehen. Ich sitze zwar immer noch viel am Computer (das bringt die Uni so mit sich), aber ich mache alle 2 Tage aktiv Sport (würde ich sonst ein Fitness Blog betreiben?) und bin ständig so gestresst, dass mein Appetit nicht mehr ganz so stark wie früher ist.

Heute habe ich mich aber mit meiner Statur abgefunden. Nein, das klingt zu negativ. Ich mag meinen Körper so wie er ist. Ich blicke nicht mehr voller Selbsthass in den Spiegel. Trotzdem täten mir ein paar Kilo mehr auch nicht schlecht. Ich habe im Internet schon mehrfach gelesen, dass auch Untergewicht für den Körper sehr schädlich sein kann. Außerdem merke ich auch beim Kickboxen, dass Untergewicht ein deutlicher Nachteil ist. Wenn mich ein frontaler Stoßkick trifft, und ich nicht richtig in der Kampfstellung stehe, fliege ich schon mal ein Stück nach hinten.

Ich bin nicht der einzige der stark untergewichtig ist, aber irgendwie hat uns die Industrie im dünn = schön Zeitalter (gilt leider nur für Frauen) noch nicht so richtig entdeckt. Vielleicht ist Untergewicht noch eine Marktlücke? Ich entwerfe gleich mal ein paar Anti-Diäten und „So nehmen Sie 50.000 Kilo in nur einer Woche zu“ Werbebanner.

2 Kommentare zu „Alle reden vom Abnehmen. Ich will zunehmen! Untergewicht Erfahrungsbericht“

  1. Hallo,Ich bin auch so ein Schmachthacken,wie ich es oft zuhören kriege.Ich war schon immer dünn.Ich hasse es wenn man sagt dürre.
    Wieso werden wir immer wegen dem Untergewicht angelabert????
    Sagt Jemand mal zu einem Dicken;Man bist Du Fet!!
    Nein immer auf die Dünnen.
    mfg uwe

  2. Ich bin auch Untergewichtigt, aber wer sagt ich esse wie ein Tier und werde trotzdem nicht dick der hat entweder keine Ahnung von vernünftiger Ernährung oder hat keine Ahnung was viel essen bedeutet. Viel essen bedeutet das man seine Esszeiten planen muss. Du musst morgens aufstehen und weisst genau was du wann isst. Und wenn du grad mal kein Bock hast, musst du das trotzdem tun. Man nimmt nur zu wenn man regelmäßig ist, auf den Tag verteilt isst und vorallem das richtige isst. Und dann muss man diese Prozedur auch über Monate durchhalten. Du musst auf vieles verzichten weil du die Zeit zum essen brauchst. Was aber in den meisten Fällen auch positiv ist. Ich verbringe ca. 4-6 Stunden am Tag für essen, kochen und einkaufen !!! Und noch was wichtiges. Wenn man Schüler ist oder Berufstätig kann man es sich nicht leisten mal 6 Std am Stück nicht zu essen. Alle 2-3 Stunden essen ist ein MUSS, ohne Ausnahme (natürlich nicht wenn man schläft^^). Sry aber wenn Leuter erzählen sie essen wie ein Tier und nehmen nicht zu haben echt keine Ahnung. Es sei denn du hast eine SChilddrüsenfehlfunktion, aber das haste sicher schon ausgeschlossen.

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